Mein Körper gehört mir 2018

von B.Reinhard

 
Ein Präventionsprojekt gegen sexuellen Missbrauch von Kindern
Die Kriminalstatistik der Polizei verzeichnete 11.547 Anzeigen wegen sexuellem Kindesmissbrauch für das Jahr 2017. Die Dunkelziffer ist weit höher. Viele betroffene Kinder sprechen nicht darüber aus Angst, Scham oder Schuldgefühlen. Häufig wird den Kindern von Außenstehenden nicht geglaubt oder ihre Hilferufe werden nicht ernst genommen. Doch wie können Erziehungsverantwortliche die Kinder davor schützen? Vorbeugung und Aufklärung sind wichtige Hilfen, die wir den Mädchen und Jungen geben können: Gefahrensituationen erkennen, den eigenen Gefühlen trauen, mutig "Nein" sagen können - auch gegenüber Respektspersonen, gute und schlechte Geheimnisse unterscheiden und wissen, wo man im Notfall Hilfe bekommt.

Genau diese Themen griffen die beiden speziell geschulten Schauspieler von der theaterpädagogischen werkstatt gGmbH Osnabrück in ihrem Präventionsprogramm gegen sexuelle Gewalt "Mein Körper gehört mir" auf. Am 4.12., 11.12. und 18.12.2018 spielten Andrea und Joeri den Schülerinnen und Schülern der 3. und 4. Klassen verschiedene Gefahrensituationen vor, in denen sexueller Missbrauch am häufigsten stattfindet. Meist ist es ein soziales Umfeld, wo sich Kind und Täter kennen: Dazu gehört die Familie, die Nachbarschaft und der Freundes- und Bekanntenkreis der Familie. Aber auch in Sport-, Bildungs- und Freizeiteinrichtungen sowie in religiösen Institutionen kommt es zu sexuellen Übergriffen. Auch das Internet ist eine gefährliche Plattform, denn Täter erschleichen sich in sozialen Netzwerken und Chatrooms das Vertrauen ihrer minderjährigen Opfer durch falsche Online-Identitäten. Zwischen den einzelnen Theatersequenzen suchte das Schauspielerpaar immer wieder den dialogischen Austausch mit den Kindern. Mit Humor und Einfühlsamkeit gingen Andrea und Joeri auf die Beiträge der Mädchen und Jungen ein. Zunehmend lockerer und mitmachender gingen die Kinder mit dem ernsten und doch recht heiklen Thema um.
 
In der ersten Stunde lag der Schwerpunkt auf dem Gefühlstraining. Durch das Vorspielen alltagsnaher Szenen lernten die Kinder, Gefühle wahrzunehmen, zwischen guten Gefühlen (Ja-Gefühle/Situationen, die gut tun) und schlechten Gefühlen (Nein-Gefühle/Situationen, die nicht gut tun) zu unterscheiden. Andrea und Joeri machten den Mädchen und Jungen Mut, bei einem Nein-Gefühl auch ganz laut und unmissverständlich "Nein" zu sagen, um die unangenehme Situation zu stoppen. Erklärt wurde außerdem, was überhaupt unter sexuellem Missbrauch zu verstehen ist und wer Schuld daran hat. In den beiden folgenden Stunden wurden aufbauend die Begegnung mit Fremden und der sexuelle Missbrauch durch Familienangehörige und vertraute Personen thematisiert. Darüber hinaus wurden den Kindern Strategien vermittelt, um in Notlagen Hilfe zu finden.
Bei emotionalen Entscheidungskonflikten "Soll ich das tun?" oder "Soll ich das nicht tun?" helfen diese drei Fragen. Sollte nur eine der Fragen mit "Nein" beantwortet werden, sollte man auch laut "Nein" sagen und diese Sache nicht tun bzw. Hilfe holen.
  1. Habe ich ein Ja- oder ein Nein-Gefühl?
  2. Weiß jemand, wo ich bin?
  3. Bekomme ich Hilfe, wenn ich Hilfe brauche?
Aber was können Kinder machen, die Angst vor Liebesentzug durch ein Familienmitglied haben oder als Abhängige andere Bestrafungen sowie Aufmerksamkeitsentzug befürchten müssen? Was können Kinder tun, die ihre Familie erhalten wollen oder geliebte Personen vor Kummer bewahren wollen? Was können Kinder tun, denen nicht geglaubt wird, deren Hilfsbedürftigkeit nicht wahrgenommen wird?

Vertrauliche und anonyme telefonische Beratung für Probleme bietet das Kinder- und Jugendtelefon an, immer montags bis samstags von 14 - 20 Uhr. Der Anruf ist kostenlos.
Die Nummer gegen Kummer: 116111

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